Musiker von Ton Steine Scherben besuchten Haaßel
Während die Entscheidung über eine wasserrechtliche Erlaubnis für die geplante Deponie in die nächste Runde geht, hat Kreistagspolitiker Reinhard Lindenberg (WFB) Bandmitglieder von ‚Ton Steine Scherben‘ nach Zeven und Haaßel eingeladen. Mit dieser Band sind die Namen Rio Reiser und Claudia Roth eng verbunden, „Keine Macht für Niemand“ ist einer der bekanntesten Songtitel.
Die Musiker von Ton Steine Scherben kämpfen seit 50 Jahren für soziale Gerechtigkeit und gegen die Profitgier der Mächtigen. Lindenberg engagiert seit zehn Jahren im Kreistag dafür, eine Deponie im Naturschutzgebiet Haaßeler Bruch zu verhindern. Die Arbeit der Bürgerinitiative (BI) sowie die fachlichen Einwände von Lindenberg haben wesentlich dazu beigetragen, das Deponie-Projekt bisher aufzuhalten. Lindenberg unterstützt nun die Ziele der BI mit einer besonderen Art der Öffentlichkeitsarbeit: Engagierte Personen der Zeitgeschichte sind eingeladen, sich vor Ort in Haaßel über den Sachverhalt zu informieren.
Am vergangenen Donnerstagabend lernte Lindenberg bei einem Konzert in Oldenburg Ton Steine Scherben-Gründungsmitglied Kai Sichtermann, deren Schlagzeuger Klaus „Funky“ Götzner sowie den neuen Sänger Tobias „Gymmick“ Hacker kennen. Die drei Musiker touren derzeit durch Deutschland, um mit ihren Konzerten auch für die neue Jubiläumskompilation „50 Jahre / Ton Steine Scherben“ die Werbetrommel zu rühren. Im Anschluss an das Konzert in Oldenburg ergab sich zwischen Lindenberg und den Musikern ein politisches Gespräch, u.a. kam die in Haaßel geplante Deponie zur Sprache. Die Musiker konnten kaum glauben, dass in einem Naturschutzgebiet eine Deponie entstehen sollte.
Hintergrund: Die Band Ton Steine Scherben (TSS) debutierte mit Sichtermann beim „Love + Peace Open Air“ auf der Ostseeinsel Fehmarn, kurz nachdem ebendort Jimi Hendrix das letzte Konzert seines Lebens absolviert hatte, und setzte sich ab 1970 persönlich dafür ein, Missstände zu benennen, um diese nach Möglichkeit zu beheben. TSS-Titel wie „Keine Macht für Niemand“, „Macht kaputt was euch kaputt macht“ und/oder „Mein Name ist Mensch“ sind heute Klassiker, und werden auch von jungen Leuten noch häufig gern gespielt. Original-Scherben-Sänger Rio Reiser starb 1996, nachdem er zehn Jahre eine erfolgreiche Solo-Karriere („König von Deutschland“, „Alles Lüge“) geführt hatte. Titel von Ton Steine Scherben wurden und werden oft von aktuellen Künstlern neuinterpretiert – siehe u.a. Bosse, Clueso, Klee, Jan Delay, Fettes Brot, Wir Sind Helden. Claudia Roth war eine Tour-Managerin der Band. Sie ist seit Oktober 2013 Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages.
Nach einigen Telefonaten am Freitagmorgen stand fest, dass die Musiker sich am Ort des Geschehens ein eigenes Urteil bilden wollten. Die Konzertroute wurde für ein Informationsgespräch und eine Besichtigung unterbrochen. Bei einem gemeinsamen Mittagessen in einem Hotel in Zeven ging Lindenberg auf die Fragen der Musiker ein. Anschließend ging es zum Haaßeler Bruch, um sich gemeinsam das Gelände anzusehen. Die drei Musiker konnten kaum glauben, dass die dortige Natur unter einem 30 m hohen Abfallberg verschwinden soll, wobei dann nicht ausgeschlossen ist, dass dort auch mineralische Abfälle aus dem Rückbau von Kernkraftwerken gelagert werden könnten.
Statement von Kai Sichtermann: „Wir haben uns seit je her gegen den Vorrang von Kommerz eingesetzt. Das steckt unserer Band im Blut. In Zeiten des Klimawandels wäre es ein Verbrechen, intakte Natur zu zerstören. Noch mehr, wenn Abfall und Schutt wegen Geldgier die Natur verschlingen.“ https://deponie-haassel.de
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Text / Foto: Ralf G. Poppe, Reinhard Lindenberg / Ralf G. Poppe