„Spieglein, Spieglein an der Wand…“

Leserbrief von Sabine Meyer
Erschienen in der Bremervörder und Zevener Zeitung 06-2014

Der Kreistag hat am 20.03.2014 die einstweilige Sicherstellung des Vorranggebietes für Natur und Landschaft nordwestlich von Anderlingen mit der Absicht einer Ausweisung zum Naturschutzgebiet beschlossen. Diese Abstimmung erfolgte parteiübergreifend ohne Gegenstimmen. Grundlage für diesen Beschluss war ein Hinweis von Landrat Hermann Luttmann während einer Kreistagsitzung am 13.06.2013, in der er ausdrücklich auf die Möglichkeit der Sicherstellung hinwies. Nachzulesen ist dies im Protokoll der entsprechenden Kreistagssitzung. Umgesetzt wurde der Beschluss des Kreistags bisher jedoch nicht. Der Landrat als Hauptverwaltungsbeamter weigert sich, die von ihm selbst vorgeschlagene Sicherstellung durchzuführen. Er führt Bedingungen an, die für eine Sicherstellung gegeben sein müssen, die von ihm 2013 nicht genannt wurden. Neben der nachgewiesen Schutzwürdigkeit muss nun auch eine akute Bedrohung des Gebietes vorliegen. Diese wird von der Leitung der Kreisverwaltung aktuell nicht gesehen, was vor folgendem Hintergrund nicht nachvollziehbar ist: Im betreffenden Gebiet ist es in letzter Zeit mehrfach zu erheblichen Beeinträchtigungen und zur Zerstörung gesetzlich geschützter Biotopflächen gekommen. Zudem sind die Bewirtschafter wiederholt den Aufforderungen und Anordnungen der Naturschutzbehörde wissentlich nicht nachgekommen, so dass man bisher nicht von einer Wiederherstellung der Flächen sprechen kann. Die Bedrohung ist daher auch aktuell existent. Es bleibt demnach die Frage:  „Wieso führt die Kreisverwaltung unter Leitung von Herrn Luttmann den eindeutigen Auftrag des Kreistages nicht aus?“

Eine Antwort findet sich vielleicht in der Planung einer Deponie der Klasse 1 in diesem Vorranggebiet. Im bisherigen Planungsverfahren ist das Verhalten der Kreisverwaltung außerordentlich merkwürdig. Beginnend mit einem sehr kurzen und intransparenten Ausschreibungsverfahren für den Grundstücksverkauf, bei dem durch die Eingrenzung der möglichen Bietenden ein höherer Verkaufserlös für den Landkreis verhindert wurde; folgend ein Zielabweichungsverfahren, das naturschutzfachliche Belange oberflächlich und fehlerhaft bewertet. Obwohl mittlerweile die Schutzwürdigkeit nach Naturschutzgesetzen des gesamten beplanten Deponiegeländes festgestellt wurde, weigert sich die Kreisverwaltung den durchgeführten Verwaltungsakt zurückzunehmen. Auch die Einwendungen des Landkreises im laufenden Genehmigungsverfahren wurden erst aufgrund politischen Drucks verändert und erheblich ausgeweitet. Dabei mussten Kreistagsabgeordnete in der Zusammenarbeit mit Bürgern des Landkreises die Detailarbeit machen, was eigentlich Aufgabe der Behörden hätte sein sollen. Insgesamt bleibt die Frage offen, welches Ziel Herr Luttmann in diesem Verfahren anstrebt.

Der wiedergewählte Landrat unseres Landkreises hat sich in einem Zeitungsbericht kürzlich zu den Stimmenverlusten in der Samtgemeinde Selsingen geäußert. In diesem Zusammenhang tätigte er die Aussage, dass er sich im Konflikt um die geplante Deponie in Haaßel nichts vorzuwerfen hätte. Er könne jeden Morgen in den Spiegel sehen. „Spieglein, Spieglein an der Wand….“


Dieser Leserbrief, geschrieben von Sabine Meyer, wurde von der Bremervörder und Zevener Zeitung  Juni 2014 veröffentlicht.

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