Betreff: Bedarfsanalyse / Standortsuche Deponien in Niedersachsen
Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,
Sie, die Vertreter der Bürger des Landkreises Rotenburg (Wümme) im Landtag von Niedersachsen, bittet die Bürgerinitiative gegen die geplante Deponie in Haaßel um Unterstützung.
Der Abfallwirtschaftsplan (März 2011) des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz enthält in Bezug auf den Bedarf nach zusätzlichen Deponien der Klasse 1 mehrdeutige Aussagen (Zitate Kapitel 13 Seite 58):
– „Unter dem Gesichtspunkt der Entsorgungssicherheit ist es grundsätzlich möglich, die dort (Anmerkung: Deponie Klasse 1) nicht verwertbaren Abfälle auch den Deponien der Klasse 2 zuzuordnen. Die dort vorhandene Deponiekapazität würde rein rechnerisch über 10 Jahre reichen“
– „Es besteht insoweit kein Erfordernis, in diesem Abfallwirtschaftsplan bereits zusätzlich Standorte für Deponien der Klasse 1 auszuweisen“
– „In einigen Regionen (Anmerkung: keine genaue Nennung der Regionen!) besteht jedoch aus Sicht der Abfallwirtschaft der Bedarf zur Errichtung einzelner Deponien oder Deponieabschnitte, um für mineralische Abfälle mittlerer Belastung auch unter Kostengesichtspunkten angemessene Entsorgungswege bereitzustellen.“
Leider gibt es keine Aussagen über eine Bedarfsanalyse der einzelnen Regionen und es fehlen Hinweise über die Mindestkriterien (Beispiel: Ausschluss von „Für den Naturschutz wertvolle Bereiche“ gemäß landesweiter Biotopkatierung des NLWKN) für die Standortsuche von privaten Entsorgungsträgern. Deshalb sehen sich im gesamten Land Niedersachsen Bürger mit nicht öffentlichen Antragstellern (Beispiele: Driftsethe, Haaßel) konfrontiert, die keine optimalen Standorte suchen, sondern nur solche, die man mit technischen Hilfsmitteln genehmigungsfähig machen kann. Dies kann nicht im Interesse einer langfristigen und auf alle Belange Rücksicht nehmenden Planung sein.
Ist es Ihr politischer Wille, dass nur aus Kostengründen übereilt und ohne genaue Bedarfsanalyse, Standortvorgaben und Untersuchung der überregionalen Verkehrsanbindung Entscheidungen getroffen werden? In Haaßel ist ein Vorranggebiet für Natur und Landschaft mit landkreisweiter naturschutzfachlicher Bedeutung in Gefahr.
In NRW ist dieses allgemeine Problem erkannt worden. Aktuell hat der Landesminister des Umweltministeriums dort einen Erlass an die nachgeordneten Behörden herausgegeben, in dem er darum bittet, keine Entscheidungen über die Zulassung von Deponien der Klasse 1 mehr zu treffen bis über die Erstellung einer Bedarfsanalyse entschieden ist. Dieses wäre auch ein Weg für Niedersachsen.
Quelle: Naturschutz statt Deponie
Insbesondere die Vertreter der Regierungsparteien bitten wir um entsprechende Ansprache des Niedersächsischen Umweltministeriums, um voreilige Entscheidungen zu verhindern. Aber auch die Vertreter der Opposition bitten wir dieses Thema auf die Tagesordnung der politischen Diskussion auf Landesebene zu bringen.
Über eine Rückmeldung zu Ihrer Einstellung zdiesem Themenbereich wären wir erfreut. Dies kann auch öffentlich erfolgen. Eine Kopie dieses Anschreibens leiten wir der lokalen Presse und den Fraktionsvorsitzenden des Kreistages zu.
Freundliche Grüße
Sabine Meyer, Walter Lemmermann
im Auftrag der Bürgerinitiative gegen die geplante Deponie in Haaßel
(Kommentar von Herrn Bernd Wölbern)
Sehr geehrte Frau Meyer,
sehr geehrter Herr Lemmermann,
wenngleich ich das Schreiben an die Landtagsabgeordneten lediglich in Kopie zur Kenntnis erhalten habe, möchte ich mich dennoch dazu äußern.
Denn ich fühle mich nicht nur als Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion angesprochen, sondern auch und erst recht als Kandidat der SPD im Altkreis Bremervörde für die Landtagswahl. Nachdem ein Vertreter der Fa. Kriete sich deutlich dahingehend geäußert hat, dass am Standort Haaßel eine „Deponie für den Elbe-Weser-Raum“ geplant sei, handelt es sich ohnehin nicht mehr ausschließlich um eine Kreisangelegenheit…
Ihre Frage, ob es mein politischer Wille ist, dass nur aus Kostengründen übereilt und ohne genaue Bedarfsanalyse, Standortvorgaben und Untersuchung der überregionalen Verkehrsanbindung Entscheidungen getroffen werden, kann ich klar mit NEIN beantworten. Exakt darum hat die Mehrheitsgruppe im Kreistag unter meinem Vorsitz der Fa. Kriete die Einräumung einer Erschließungsbaulast verweigert. Wegen dieser Überzeugung hat nun die Fa.
Kriete den Landkreis verklagt.
Zusätzlich hat der Kreistag auf Antrag der Mehrheitsgruppein seiner Sitzung am 21. Dezember 2011 nachfolgenden Beschluss gefasst:
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– Der Landkreis Rotenburg (W.) lehnt die Einrichtung einer Deponie, gleich welcher Art, unter den jetzigen Voraussetzungen und zum jetzigen Zeitpunkt ab.
– Vor Beginn der Planung einer Bodendeponie im Landkreis Rotenburg (W.) müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
– Der Bedarf für eine Deponie zur Endlagerung nichtrecyclingfähiger
Bodenabfälle wurde nachgewiesen.
– Das diesem Nachweis nachfolgende ergebnisoffene und kreisweite
Suchraumverfahren erfolgt unter Beachtung der Mindestanforderungen nach dem Teilabfallentsorgungsplan der Bezirksregierung Lüneburg für den Landkreis Rotenburg (W.) vom 30.08.1988 (S. 82ff).
– Für das Suchraumverfahren gilt der Grundsatz: Bedarfsraum = Suchraum!
Ein über das Gebiet des Landkreises Rotenburg (W.) hinausgehend
festgestellter Bedarf hat die entsprechende Erweiterung des Suchraumes auf die Nachbarlandkreise zur Folge.
– Im Falle des nachgewiesenen Bedarfes für eine Bodendeponie im Landkreis
Rotenburg (W.) wird diese Deponie öffentlich betrieben.
Die vorstehenden Beschlüsse zu 1. und 2. werden dem Gewerbeaufsichtsamt
Lüneburg unverzüglich zur Kenntnis gegeben.
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Insofern kann ich mich über die Aktivitäten der Abg. Ehlen, Oetjen
(beides auch KT-Abgeordnete, die gegen den obigen Beschluss gestimmt haben) und Ross-Luttmann nur herzlich wundern. Anstatt sich klipp und klar dafür auszusprechen (und dies auch gegenüber der Landesregierung so zu
fordern!), dem Beispiel NRW’s zu folgen und einen Erlass an die
nachgeordneten Behörden herauszugeben, keine Entscheidungen über die
Zulassung von Deponien der Klasse 1 mehr zu treffen bis über die
Erstellung einer Bedarfsanalyse entschieden ist, wird eine butterweiche
kleine Anfrage auf den Weg gebracht, die inhaltlich und dem Ziel nach dem
Antrag der Kreistagsmehrheit entspricht!
Bedarfsanalyse – offenes Suchraumverfahren – Bedarfsraum = Suchraum. Das
waren und sind die Kernpunkte des Antrages von SPD, GRÜNEN und WFB im
Kreistag. Ehlen und Oetjen haben: „Njet!“ gesagt. Die Anfrage ist nur ein
politisches Placebo.
Ich halte den Weg, den NRW geht, für genau richtig. Solange nicht klar ist,
welcher Bedarf besteht, darf keine weitere Deponie, gleich welcher Art
irgendwo entstehen.
Und wenn das Land das nicht für seinen Bereich regeln will, dann müssen
wir als Kreistag das eben für das Kreisgebiet tun. Wer von außerhalb des
Landkreises Rotenburg bei uns seinen Dreck loswerden will, der muss sich
gefallen lassen, dass auch bei ihm geschaut wird, ob’s da nicht besser
geht.
Und gerade weil in Haaßel ein Vorranggebiet für Natur und Landschaft von
großer Bedeutung betroffen ist, darf hier nichts übers Knie gebrochen
werden.
Bester Gruß
Bernd Wölbern
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