Planfeststellungsbeschluss – Deponie Haaßel – Schutzgut Pflanzen / Biotope

(3) Ungeklärte “Sachverhalte / Wissenslücken”  zum Schutzgut Pflanzen / Biotope

Möchten Sie wissen was das Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg  zum “Schutzgut Pflanzen / Biotope” im Planfeststellungsbeschluss – Deponie Haaßel schreibt?

a) Methode

Die flächendeckende Erfassung der Biotoptypen erfolgte im Zeitraum Mai bis August
nach dem landesweiten Kartierschlüssel (DRACHENFELS 2004) und wurde 2011
nach dem neuen Schlüssel (DRACHENFELS 2011) aktualisiert. Im Mai 2014 erfolgte
eine gemeinsame Überprüfung von bestimmten Biotoptypen mit der Bürgerinitiative,
dem Gutachter, der Unteren Naturschutzbehörde sowie demNLWKN als Fachbehörde um bestimmte Biotoptypen. Pflanzenarten wurden 2010 im Rahmen der Biotoptypenkartierung erfasst.

Zur Abschätzung der Auswirkungen einer Oberflächenversiegelung durch die Deponie auf den Wasserhaushalt des nördlichen angrenzenden Erlen-Eschenwaldes wurde ein dreidimensionales Berechnungsmodell der vorliegenden Bodenverhältnisse anhand der Finiten Elemente- Methode abgebildet.

b) Derzeitiger Umweltzustand

Der Untersuchungsraum (UR) ist geprägt durch einen kleinflächigen Wechsel von Offenland und Waldstrukturen, welche von Wegen und Straßen mit angrenzenden Ruderalfluren durchzogen sind. Im Norden und Osten sind die Grenzen des Untersuchungsraumes durch einen Wechsel aus Grünland-, Acker- und Waldflächen gekennzeichnet. Große Flächenanteile des UR südlich und westlich des Deponiestandortes werden ackerbaulich genutzt.

Direkt auf dem geplanten Deponiestandort wechseln sich artenarmes Extensivgrünland und mesophiles Grünland mit nährstoffreichen Nasswiesen mit auf Grund z.T. unregelmäßiger Mahd dominanten Flatter-Binsenbeständen (Juncus effusus) ab.

Hecken, z.T. älteren Eichen (Quercus robur) gliedern die Feldflur. Eine ca. 6,0 m breite Wallhecke (HWN) wurde in Ost-West-Richtung auf dem geplanten Deponiestandort neuangelegt. Beiderseits wird sie von einem Ruderalstreifen gesäumt.

Eine ehemalige Grünlandfläche wurde mit Laubgehölzen aufgeforstet (WJL). Ein Eichen Mischwald auf feuchtem Sandboden (WQF) grenzt nordwestlich an den geplanten Deponiestandort. Innerhalb des Waldbestandes befindet sich ein Waldtümpel (STW), der sichaus ehemaligen Torfstichen gebildet hat.

Großflächige von Gräben durchzogene Erlen-Eschenwälder der Auen- und Quellbereiche und daran randlich gelegene Kiefern- und Laubwald-Jungbestände (WJL) sind im Norden des Untersuchungsraumes zu finden. Dieser Bereich ist auch Standort gefährdeten Pflanzenarten (u.a. Bach-Nelkenwurz (Geum rivale), Einbeere (Paris quadrifolia) und Sumpfdotterblume (Caltha palustris). Ein naturnaher überwiegend von Erlen gesäumter Tieflandbach mit Sandsubstrat (FBS), verläuft vorwiegend an der nördlichen Untersuchungsraumgrenze. Die Zuläufe im Norden und Osten sind grabenartig ausgebaut.

Auf den waldfreien Flächen haben sich auf den wechselnassen Standorten mesophiles Grünland (GM), Feucht- und Nassgrünland (GF), Seggen-, binsen- oder hochstaudenreiche Nasswiesen (GN) entwickelt. Kleinflächig eingestreut sind Gesellschaften der Sümpfe und Niedermoore (NSB, NRG).

Die intensiv als Mähwiese oder Weide genutzten Grünlandflächen sind artenarm (GI). ImOsten des Untersuchungsraumes haben sich auf einzelnen Flächen als Grünland genutzte Pfeifengras-Moorstadien gehalten. Neben einem Kiefernforst haben sich auf ehemaligen z. T. stark entwässerten Mooren Birken- und Kiefernwälder unterschiedlicher Degradationsstadien und Kiefern-Moorwald (WV) und Weidengebüsche entwickelt. In feuchteren Bereichen entstanden Birken- und Kiefern-Bruchwälder (WB).

Im Laufe des Kartierzeitraums wurden eine Nasswiese und eine angrenzende Fläche mit Pfeifengrasbeständen (Trockenes Pfeifengras-Moorstadium (MPT)) umgebrochen und drainiert. Diese Flächen sind in Anlage 3.2.1 der Antragsunterlagen als Intensivgrünland dargestellt.

Eine weitere Fläche, die zuvor mit Gräben durchzogen war und extensiv genutzt wurde, wurde eingeebnet und wird jetzt intensiv genutzt.

Neben großflächigen Fichten und Kiefernforsten im Süden finden sich im Osten und im Süden des Untersuchungsraumes kleinere Eichen-Mischwaldbestände. Westlich des geplanten Deponiestandortes liegt innerhalb einer Grünlandfläche ein kleines naturnahes Altwasser (SEF).

Im Untersuchungsraum wurden keine streng geschützten Arten gefunden. Die in 2002 und z.T. 2006 erfassten, regional – z.T. auch landesweit gefährdeten Pflanzenarten konnten 2010 im Rahmen der Biotoptypenkartierung z.T. bestätigt werden, die relevanten Arten konzentrieren sich hauptsächlich auf den nördlichen, feuchten bis nassen Bereich des Untersuchungsraumes. Darüber hinaus bestehen Anhaltspunkte dafür, dass auf dem geplanten Deponiestandort gefährdete Arten vorkommen.

c) Umweltauswirkungen

  • Betriebsbedingte Gefährdung des Biotoptypen (FBS, WET) der Wertstufe V durch Ausbau und Unterhaltung (s. 2.6)
  • Anlagebedingter Verlust von Biotopen (GMF, GMS, HWS, GNR) der Wertstufe IV (von besonderer bis allgemeiner Bedeutung) durch Überbauung (auf 6,34 ha)
  • Anlagebedingter Verlust von Biotopen (HFM/UHT, WJL) der Wertstufen III (von allgemeiner Bedeutung) auf mindesten 0,06 ha
  • anlagebedingter Verlust von Biotoptypen (GEF/UHF) mit ‚allgemeiner bis geringer sowie ‚allgemeiner Bedeutung’ (Wertstufen II-III) auf 0,29 ha
  • Anlagebedingter Verlust von Biotopen (UHM) der Wertstufe II (von allgemeiner bis geringer Bedeutung) auf mindesten 0,06 ha
  • anlagebedingter Verlust von Biotopen mit geringer Bedeutung (Acker) der Wertstufe I
  • Verlust von Wuchsorten Farn-und Blütenpflanzen der Roten Liste oder Vorwarnliste der niedersächsischen Roten Liste (Geflecktes Knabenkraut, Gedrängte Hainsimse
  • Baubedingte Gefährdung von Gehölzbeständen im Bereich der Hecke östlich des Deponiegeländes und im Bereich der Waldränder, die unmittelbar an die Baubereiche grenzen
  • betriebsbedingte Veränderungen durch Staub (Stoffeintrag) von der Deponie in angrenzende empfindliche Biotope, wie Moor- und Auwaldstandorte in östlicher und nördlicher Richtung, können nicht vollständig ausgeschlossen werden
  • Gefährdung und Beeinflussung angrenzender Biotope durch Änderungen im Wasserregime (Entwässerung) und Stoffeintrag und damit verbundener Änderung der Pflanzenarten-Zusammensetzung

d) Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen

  • Betriebliche Überwachung gem. Anh. 5 der DepV
  • Einsatz von Baumaschinen, -geräten und -fahrzeugen, die den einschlägigen technischen Vorschriften und Verordnungen entsprechen
  • Vermeidung von extremen Wasserstandsschwankungen und Erosion mit Eintiefung im naturnahen Niederungsbach durch die geplante Zwischenspeicherung des Oberflächenwassers in ein unabgedichtetes als Erdbecken konzipiertes Regenrückhaltebecken (RRB mit einer Kapazität von 780 m3) und kontrollierte Abgabe des Oberflächenwassers durch einen Drosselabfluss mit 5 l/s an das Gewässersystem
  • Keine Sohl- bzw. Grundräumung unterhalb der Einleitstelle des Oberflächenwassers; ggf. Erweiterung der Kapazität des Regenrückhaltebeckens und Begrenzung der Einleitmenge auf max. 5 l/sec
  • Keine Veränderungen der Zusammensetzung der Gewässerlebensgemeinschaften durch Entsorgung des sanitären Schmutzwassers und des gesammelten gesondert zu behandelnden Sickerwassers durch Abfuhr einer Entsorgungsfirma (Entsorgungsnachweis)
  • Durchführung aller erforderlichen Messungen und Kontrollen gemäß Anhang 5, Nr. 3.2 der DepV in der Nachsorgephase nach Stilllegung der Deponie
  • Schutz von Einzelbäumen, Gehölzbeständen und wertvollen Vegetationsbeständen während der Bauausführung vor Beschädigungen gemäß DIN 18 920 und Richtlinie für die Anlage von Straßen (RAS-LP 4)
  • Erhalt standorttypischen Bodenmaterials und biologisch aktiven Oberbodens durch fachgerechtes Abräumen und getrennte Lagerung des Oberbodens vom übrigen Aushubmaterial gemäß DIN 18 300
  • Wiederherstellung weitgehend natürlicher Bodenverhältnisse und -funktionen, Schaffung günstiger Bedingungen für die Entwicklung ähnlicher Pflanzenbestände durch Bodenlockerung verdichteter Flächen (Arbeitsstreifen und Baustelleneinrich tungsflächen) und Ansaat mit einer standorttypischen Rasenmischung
  • Erhaltung der Hecke östlich des Deponiegeländes als wertgebendes Landschaftselement
  • Beseitigung der geschützten Wallhecke erst bei Inanspruchnahme der Grundfläche für den entsprechenden Deponieabschnitt
  • Umpflanzung einzelner Individuen der gefährdeten Arten Dactylorhiza majalis und Luzula congesta auf geeigneten Kompensationsflächen
  • Funktionskontrollen mit Monitoring der Kompensationsmaßnahmen alle 5 Jahre für den Zeitraum von 15 Jahren nach Fertigstellung

e) Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen

  • Aufforstung von Laubwald südlich des Deponiegeländes für die Inanspruchnahme von Laub-Jungwald durch die Deponie (forstl. Kompensation)
  • Entwicklung von artenreichem Extensivgrünland auf Ackerstandorten im Umfang von 13,6 ha westlich der Deponie als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme (CEF-maßnahme) spätestens mit Beginn der Baumaßnahme
  • Anlage von Feuchtgrünlandstandorten innerhalb der für Kompensationsmaßnahmen vorgesehenen Gebietskulisse im Verhältnis von 1:2; außerhalb derGebietskulisse in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde
  • Entwicklung von artenreichen Laubwaldbeständen mit Waldrandgestaltung südlich der Deponie auf ca. 3 ha
  • Wiederherstellung artenreicher Ruderalstrukturen nach Leitungsverlegung auf 1000 m2 entlang der Zufahrtsstraße zwischen K 109 und Deponie
  • Wiederherstellung artenreicher Ruderalstrukturen nach Leitungsverlegung im Umfang von 1000 m2 auf der Deponiefläche
  • Auf 570 m Neuanlage einer Wallhecke mit typischen Saumstrukturen im nördlichen und südlichen Bereich des Deponiegeländes durch Umsetzung zu beseitigenden Wallhecke als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme (CEF-Maßnahme) spätestens mitBeginn der Baumaßnahme
  • Begrenzung der kontrollierte Abgabe des Oberflächenwasser durch einen Drosselabfluss auf maximal 5 l/s an das Gewässersystem
  • Festsetzung einer Sicherheitsleistung nach § 17 Abs. 5 BNatSchG für die Kompensationsmaßnahmen

f) ungeklärte Sachverhalte/Wissenslücken

  • Es ist ungeklärt, in welchem Maße zusätzlich Oberflächenwasser vom Deponiegelände in die vorhandenen Vorfluter eingeleitet werden können, ohne dass es zu irreversiblen Veränderungen der von jahreszeitlich schwanken den oberflächennahen Grundwasserständen abhängigen Biotoptypen der Auwälder kommt (s.a. 2.5. e)
  • Der Verlust der nährstoffreichen Nasswiese (GNR) wird durch die vorgesehene Ausgleichsmaßnahme nicht kompensiert, da die geplante Maßnahme A/E1 keine Vernässung der Flächen beinhaltet bzw. auf keinem adäquaten Standort erfolgt.
  • Fehlende Aussagen zur dauerhaften Sicherung der Kompensationsmaßnahmen
  • Fehlende Kostenschätzung der Kompensationsmaßnahmen (incl. Ansatz für Dauerpflege)

Veröffentlicht: 11. Februar 2015


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